Friday, February 29, 2008

Have a break...

... have a piano cat.





I'm staying home tonight. It's stormy outside and I don't feel like going out.
So i'm in for a movie.

Tuesday, February 26, 2008

„You had a bad day...“

Letzten Sonntag hatte ich einen schlechten Tag. Unausgeschlafen und übel gelaunt schlich ich ziellos durch die Wohnung und um meinen Kühlschrank. Am späten Nachmittag, nachdem ich zum fünften Mal den Anfang von „Im Himmel Tango“ gelesen habe, ohne verstanden zu haben, was die Autorin sich unter „ feurigen ochos“ vorstellt, legte ich das Buch beiseite.
Wäre ich doch zu Hause geblieben. Beim sechsten Mal hätte es definitiv geklappt.
Stattdessen bin ich ins Auto gestiegen.
Der Salon war voll, aber als ich mich umsah, konnte ich nur wenige bekannte Gesichter ausmachen. Menschen saßen in größeren Gruppen, lachten und unterhielten sich laut. Ich hatte das Gefühl, in eine fremde Party reingeplatzt zu sein.

Als ich mir die Schuhe überstreifte, verklangen die letzten Töne von „Pensalo bien“. Danach kamen – der Reihe nach: „El llorón“, „Plano Secuencia", ein obskures serbisches Lied, „Prepárense“, „Nothing else matters“... ach ja, habe ich schon mal erwähnt, dass “Yersterday“ mittlerweile offiziell zum Tango-Repertoire gehört?
Ich hopste ein wenig mit einem älteren Herrn, der mir gleichzeitig davon berichtete, dass er dieses Wochenende einen „Salsa-Workshop für Junggebliebene“ organisieren durfte. Er hatte blütenweiße Hose an und bestand darauf, dass ich bei pasada mit meinem Fuß an seinem Hosenbein entlang gleite, aber gründlich bitte, „so rrrrrrichtig mit Leidenschaft! Ja, junge Dame, so ist es richtig, macht Spaß, oder?“
Dann hat mir ein Kerl aufgelauert, dem ich vorher konsequent aus dem Weg gegangen bin. Anfangs glaubte ich mich auf der Toilette retten zu können. Aber als ich raus kam, stand er draußen vor dem Stand mit Flyern. „Magst Du tanzen?“ Als ich stumm den Kopf schüttelte, sagte er hoffnungsfroh „Macht nichts, ich komm dann später zu Dir“.
Und er tat wie versprochen, setzte sich zu mir und unterhielt mich solange, bis ich sagte: “Wollen wir
vielleicht jetzt tanzen?“
Hätte ich doch den Mund gehalten.
Über die nächsten zehn Minuten habe ich wenig zu berichten, was wohl
daran liegt, dass ich einen Blackout hatte.
Was mir
allerdings in Erinnerung blieb, war eine ganz komische Bewegung, die er mit seinem linken Fuß machte. Erst halbmondig am Boden und dann mit einem Zuck schräg nach links und in die Höhe. Als versuchte er einen kleinen, aber sehr blutrünstigen Terrier wegzuschütteln. Dabei sah er sehr inspiriert aus, als wäre er gerade dabei, tango argentino zu revolutionieren. Zudem navigierte er mich aus der sicheren Entfernung mit den Fingerkuppen seiner rechten Hand. Vielleicht wollte er einfach nur meine Rippen zählen.
Als „Milonga de mis amores “einsetzte, fing er sofort an, mich fieberhaft nach links und rechts zu drehen mit der Hingabe eines Ölbohrers, der sich um einen Gastauftritt
in der Fortsetzung von „There will be blood“ bewirbt.
Ich blickte ihn fassungslos an, worauf er fröhlich entgegnete: „Ach, dein Rock schwingt doch so schön!“…
Und erst am Ende des Abends kam ein Freund herein. Zu diesem Zeitpunkt hat sich meine Achse endgültig verabschiedet, meine Ballen schmerzten, ich sah wie ein gerupftes Huhn aus. Er nahm mich in den Arm und flüsterte mir was ins Ohr. Seine Worte glätteten meine aufgerauten Feder zurecht.

Aber ich verrate nicht, was er mir gesagt hat.

Sunday, February 24, 2008

And one point goes to...

Bereits seit einiger Zeit kann man auf youtube-Kanälen sehen, wie man die anderen bewertet. Lustig, wie sich da so manch’ unerwarteter Abgrund auftut. Nehmen wir doch als Beispiel

den kanal von tangueriles aka Familie Paludi

Scrollt man die Seite herunter, erhascht man einen Blick auf „Meine neuesten Bewertungen“.
Auf zwei Sachen kann man daraus schließen:
1) Als Kind träumte Geraldine Rojas davon, Turnerin zu werden.
2) Geraldine Rojas hat es so richtig auf Jennifer Bratt abgesehen.
Ich meine, wenn man sich die Mühe gibt, jemandem einen Punkt zu geben, then he(she) is definitely making a statement. Für die noch nicht Eingeweihten: Jennifer Bratt ist eine San-Franciscoer Tanguera, die einen gewissen Grad an Netzberühmtheit mit ihren Embellishment-Videos erlangte.

Obwohl kein großer Fan von ihrem Tanzpartner, finde ich die beiden doch sehr sympathisch. Jennifer’s einziges winziges „Vergehen“ war wohl, dass ihr Name häufig in Verbindung mit dem von Geraldine erwähnt wurde, und zwar wegen ihrer präzisen Fußarbeit.

Was haben wir daraus zu lernen? Don’t mess with the queen.

Auch sieht es so aus, als hätte Ezequiel Paludi unter dem Namen neotanga666 durch die fremden Videos gehopst (vorwiegend die mit Chicho, Arce, Dana und Pablo) und eine schleimige Spur von Beleidigungen hinterlassen.
Das tun die beiden auch in ihren Workshops, leider: Ezequiel erhebt mit Vorliebe belehrend den Zeigefinger, um den gleich in die Richtung seiner imaginären Feinde auszustrecken.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist unanfechtbar. Aber wo verläuft die Grenze zwischen einem gefühlten Standpunkt und einfacher Bosheit? - die ist häufig verwischt.
Viele würden behaupten: je höher nach oben, desto dünner der Luft, also muss man sich - auch als Tänzer - von anderen abgrenzen, indem man die letzteren runterputzt.
Schade eigentlich.

Friday, February 22, 2008

Don't expect me to tango to...

.... “Every breath you take“.

Es tut mir leid, aber ich hasse dieses Lied vom ganzen Herzen. It’s kinda creepy.
Stalkers of the world, unite.
Zweitens handelte es sich dabei nicht mal um das Original, oh no. Es war so eine abgedroschene dorfdiscomäßige Instrumentalversion mit einem schwerfälligen Beat und voller optimistisch winselnder Geigen. Die armen Tangueros schunkelten verwirrt von links nach rechts oder blieben stehen. Die Mutigsten probierten Bewegungen aus, auf die ihre Aerobic-Trainerin sicher stolz gewesen wäre.
Es gibt hier in der Umgebung ein Paar DJs, die treiben mich wirklich auf die Palme. Wenn man sich einen tangofreien Abend machen will, sind ihre Lokale wärmstens zu empfehlen.
Ich weiß nicht – ist es der Wunsch besonders originell zu sein oder einfach nur pure Ignoranz?


Haben sie noch nie was von todotango.com gehört?

Monday, February 18, 2008

Sex, Tango und andere Grausamkeiten

-Ufff, stell Dir mal vor, ich habe heute zwei Stunden meditiert. Jetzt fühl' ich mich so richtig entspannt.

Die Frau hat schöne, unruhige Augen und erschöpft aussehende Haut: sie setzt sich zu mir, lehnt sich zurück, zündet sich eine Zigarette an und betrachtet die Tanzfläche. „Nicht viel los heute, eh?“
Sie ist Ende dreißig und frisch geschieden. Ihr Gesicht ist voller feiner Linien und ständig in Bewegung: mal hebt sie die Augenbraue hoch, mal rutscht ihr Mundwinkel tief nach unten, mal kneift sie die Augen zusammen und pustet sich gleichzeitig den glatten fransigen Pony aus der Stirn.
Sie tanzt seit langem, aber nicht besonders gut, trotz aller Privatstunden bei jedem berühmten Lehrer, den’s schon mal hierher verschlagen hat. Nach wie vor läuft sie etwas breitbeinig und streckt dabei ihren Hintern aus. Dafür streut sie bekannte Namen in das Gespräch ein wie die anderen Pinienkerne über den Salat streuen. „Ach, der soundso ist ein total komischer Vogel, wir haben uns über ihn kaputt gelacht.“ Oder: „Die Geraldine hat aber stark nachgelassen, seit sie sich mit Ezequiel zusammengetan hat. Aber was willste tun? Ist ja wohl die Liiiiiiiiiiiebe“ sagt sie, ihr Mund streckt sich dabei zu einer schmalen, langen Linie.
Wenn sie zum Tresen oder auf die Toilette muss, rennt sie quer über die Tanzfläche und weicht den tanzenden Paaren mit kleinen, spitzen Schreien aus.
Als wir uns kennenlernten, fragte sie mich nach meinem Sternzeichen. Als ich’s ihr sagte, schlug sie die Augen weit auf: “Ach toll, wir passen doch super zueinander, zeichenmäßig, ich mein’. Wir werden viel zu bequatschen haben. Gib mir doch deine Telefonnummer“
Sie rief mich nicht an. Zwei Wochen später trafen wir uns wieder. Sie fragte –„Sag mal, was für ein Sternzeichen bist du denn?.. Ach, nee, echt? Weiß Du, dass wir super viel gemeinsam haben?“

Manchmal streckt sie ihre Hand mit der Schnelligkeit der Chamäleonzunge aus, um einen unsichtbaren Mascara-Fleck oder eine Wimper aus meinem Gesicht wegzuzupfen.
Ihr Ex-Mann ist sehr groß, hat ein fleischiges Gesicht mit etwas unentschlossenen Zügen und trägt immer eine Weste. Sie haben sich vor zwei Jahren getrennt, jetzt wird er stets von immer jüngeren Frauen begleitet, der Verschleiß ist bemerkenswert groß.
Ich habe einmal mit ihm getanzt, da war ich noch ganz grün hinter den Ohren. Er machte Siebenmeilenschritte, ich stolperte unentwegt, er flüsterte mir feucht ins Ohr: „Entspann Dich...Vertraue mir. Oh ja, jaaaaaaaaaaaaaaaa“. Dann trat er mir auf den Fuß, ich spürte, wie meine Knochen sich vor Schreck zusammenzogen. Nach dem zweiten Tanz humpelte ich zu meinem Platz. Er rief mir mitleidsvoll hinterher: „Keine Sorge, wirst es noch lernen“.
Jetzt tanzt er an uns vorbei. „Rrrrrrr“… Sie scheint vergessen zu haben, wie sie sich früher genau auf diesem Tanzboden gestritten haben „Der Mann hat echt Stil. Lässt jede Frau echt gut aussehen. Sie dreht sich zu mir:„ Naja, Du kennst ihn, nicht? hast schon mal mit ihm getanzt.“
Das Gespräch will nicht so richtig aufkommen, ich sehne irgendjemanden herbei.
Unvermittelt sagt sie „ Ho, hier läuft mein One-Night-Stand“. Ich blicke überrascht auf: ein hagerer, fast kastanienfarben gebräunter Mann rauscht an unseren Tisch vorbei, seine Partnerin krampft ihm hinterher.
Er hält sich wie ein typischer Standardtänzer. Sein Rücken ist sehr gerade, die Schultern starr nach hinten geworfen.
Sie winkt ihm zu, er sieht an uns vorbei auf die Wand mit dem hohen verschwitzten Fenster.
„Hat er mich gesehen?“ - fragt sie aufgeregt.
„Keine Ahnung“. Was soll ich auch sagen?
„Ach, ich weiß nicht. Er hat mich bestimmt nicht gesehen.“ Sie lehnt sich nach vorne, der massive silberne Anhänger rutscht aus ihrem Ausschnitt und knallt auf den Tisch. „Ist er nicht so richtig zum Anbeißen?“
Ich räuspere mich, um nicht antworten zu müssen.„Kanntet ihr euch denn vorher?“
„Nö, nicht wirklich“. Sie fährt mit dem Finger die Tischkante entlang. „Ich meine, jetzt schon. Und ich hab’ seine Karte.“
„Und wie kam’s dazu überhaupt?“ Jetzt bin ich neugierig.
Sie seufzt leise und pustet sich ein Paar Strähnen aus den Augen. „Wir haben so schön getanzt. Es war so siiinnlich. So richtig tango. Ich meine, darum geht es letztendlich, oder?“
Ich sehe dem Kerl noch einmal zweifelnd hinterher: er hält seinen rechten Arm zu hoch, das arme Mädchen sieht wie eine zwischen zwei Häusern gespannte Wäscheleine aus.
„Und wo habt ihr...?
„In seinem Auto.“ Ich verstumme. Allein die Vorstellung, wie sie ihre Beine auf dem Rücksitz unterbringt, füllt mich mit Unbehagen. Dann fällt mir was ein und bevor ich mir die Frage verkneifen kann, platzt es aus mir raus: „Habt ihr denn...?“
Sie zuckt mit dem Feuerzeug, legt den beiseite und sieht mich amüsiert an.
„Nein, wieso? Ich bin noch nicht von der Pille runter. Und er wird schon nichts haben, ich meine, er hat ja ’ne Freundin“.
Ich sehe sie entgeistert an.
„Und wie lange weiß Du es schon?“
„Hat er mir hinterher gesagt“. Sie blinkt kurz, ihre Stimme klingt trotzig.
„Ist ja alles nur Tango." Sie wirft den Feuerzeug auf den Tisch. "Er hat mich bestimmt nicht gesehen. OK, ich ruf ihn morgen an.“

Sunday, February 17, 2008

Looking forward to monday morning...

Kleider machen Leute


Am Freitag hatte ich Termine über Termine – den ganzen Tag lang. Am späten Nachmittag musste ich noch einmal ins Büro, um ein paar Notizen durchzugehen. Ich kam erst um acht aus dem Bürogebäude. Die Luft war beißend kalt, Menschen schoben kleine bleiche Wolken ihres gefrorenen Atems vor sich hin.
Ich war zu müde um nach Hause zu gehen. An solchen Tagen darf man sich keine Verschnaufpause gönnen. Also stieg ich ins Auto, auf dem Rücksitz lag das Säckchen mit den "einfach für den Fall" Tanzschuhen. Ich beschloss zu einer Milonga in der Nachbarstadt zu fahren. Dort wird kein Essen serviert, der Kaffe ist aber hervorragend und die Atmosphäre leicht und warm wie eine Daunendecke.
Zum Protokoll: An dem Tag hatte ich einen braunen Faltenrock, eine hochgeschlossene beige Bluse und kurze taillierte Jacke an. Ach ja, und eine Brille.
Obwohl überzeugte Kontaktlinsenträgerin, trage ich zu manchen Geschäftsverabredungen eine Brille. Die verleiht mir Glaubwürdigkeit, was nicht unnütz ist, wenn man betteln geht (aka „mit Sponsoren reden“). Sonst sehe ich zu jung aus: man beäugt mich etwas misstrauisch oder mit der freundlichen Herablassung, die sonst für fremde Kinder und kleine Tiere reserviert bleibt.
Ich ging rein, begrüßte den DJ und habe mich an die Theke gestellt, während ich auf meinen Kaffee wartete. Es war noch nicht besonders voll, wir plauderten ein wenig. Ich ließ meine Augen wandern, erblickte einige bekannte Gesichter und hob die Hand, um den Menschen zuzuwinken. Manche winkten unentschieden zurück, wandten sich aber sofort ab.
Ein Bekannter lief an mir vorbei. Ich machte den Mund auf, um ihn zu begrüßen. Er ignorierte mich. Immer noch mit geöffnetem Mund drehe ich mich den DJ zu.
Er grinste mich an.
- Was? - ich verschluckte mich wütend an meinem Kaffee.
- Ach, gar nichts, Fräulein Bibliothekarin.
- Oh komm, lass den Quatsch.
- Oh doch, meine Süße. Aber keine Sorge, wenn alle Stricke reißen, tanz' ich mit dir.
Ich blickte ihn voller Entsetzten an und dann in den staubbekleideten matten Spiegel, der die Wand hinter seinen Rücken zierte. Ich sah mich mit seinen Augen an: er hatte Recht! So konnte man mich unmöglich erkennen.
Ich selbst erkannte mich nicht, zumindest nicht in dieser Umgebung.
Nicht mal der Spiegel konnte mich erkennen, und Gott weiß, der gab sich alle Mühe.
Wenn ich zum Tanzen gehe, muss ich mir selten überlegen, was ich anziehe. Mein Schrank ist voll bepackt mit knielangen Kleidern, bunten Röcken aus Rohseide, Vintageteilen, die ich in allerlei Sekondhandläden oder in irgendeinem kleinen Geschäft in SoHo gefunden habe. Und auch wenn ich mein Haar zu einem Nackenknoten fest zusammenbinde, so kann ich immer davon ausgehen, dass es am Ende des Abends lose und gelockt um mein Gesicht hängt.
Ich habe sogar zwei separate Schmuckkästchen: das eine sieht überaus nüchtern aus und hütet schmale, zurückhaltende Armbände und Ohrringe, die sich diskret an meine Ohrläppchen schmiegen.
Das andere ist blassblau und bäuchig. Es steht auf krummen Füßchen und birst mit leichtsinnig aussehenden, fragilen Schmuckstücken, die - wenn überstreift, baumeln und funkeln, was das Zeug hält.
Es kommt mir so vor, als würde mein Aussehen ein ausgereiftes Doppelleben führen.
Gott, ich wäre doch so gerne Dita von Teese. Die Frau hat es einfach drauf und sie hat es drauf.
Ich meine, hier oben ist sie beim Einchecken in LAX abgebildet. Beim Einchecken. Am Flughafen. Vor einem zwölfstündigen Flug.
Na ja, man tut was man kann.
Also ging ich in den Waschraum. Dort bürstete ich mein Haar frei, knöpfte die Bluse ein wenig auf und packte die Brille ein. Die Welt sah auf einmal verschwommen, aber viel besser aus. Als ich raus kam, lief mir eine Freundin entgegen: „Dich habe ich gesucht! Wow, Du siehst heute aber anders aus. Aber Du, nicht schlecht. Komm, lass mich Dich mal führen.“
Dieser Freitagabend ist doch noch sehr schön geworden.
Aber darüber ein anderes Mal, jetzt muss ich mich nämlich umziehen.

Thursday, February 14, 2008

Today is Saint Valentine's Day...

..All in the morning betime,

And I a maid at your window,

To be your Valentine".

Ich war damals dreizehn Jahre alt und zum ersten Mal verliebt. Mein Objekt der Begierde lebte zwei Blocks weiter. Morgens auf dem Weg zur Schule ging ich an seinem Haus vorbei. Ich kann mich immer noch an die Farbe der Vorhänge an dem Fenster, das zur Straße rausging, erinnern: die waren schwerblau und mit diskreten silbernen Arabesken verziert.
Die meiste Zeit
litt ich im Stillen. Ich wagte es nicht, mich jemandem anzuvertrauen.
Am dreizehnten Februar ging ich direkt nach dem Abendbrot auf
mein Zimmer. Ich saß an meinem Tisch, die Lampe warf einen lichten, runden Fleck ab, der Schatten drum herum färbte Ritzen und Einkerbungen auf der körnigen Oberfläche dunkel. Ich schrieb und schrieb und schrieb. Ich schrieb ein linkisches Gedicht auf einem linierten Blatt aus dem Schulheft. Ich setzte meinen Namen darunter. Als ich ins Bett kroch, schüttelte es mich vor Entschlossenheit.
Zur Morgenstund’ bin ich kurz eingeschlafen. Ich wachte mit einem Ruck auf, mir war so kalt. Mein Zimmer sah aus, als wäre es von einem Schwarm seltsamer weißer Vögel heimgesucht: überall lag Papier – geknüllt, gerollt, zerfetzt.
Meine Eltern schliefen
noch. Ich warf mir den Mantel über und schlich geräuschlos aus der Tür. Es war noch dunkel, der Schnee glitzerte vorsichtig im Laternenlicht. Ich lief, die frostige, trockene Luft betäubte meine Wangen, die Schnürsenkel schleiften mir hinterher.
Aber als ich vor seinem Briefkasten stand, überkam mich das Gefühl der Resignation.Es war so stark, wie ich es bis dahin nicht gekannt hatte und wahrscheinlich deshalb für ein Zeichen hielt. Ich knitterte das vorher mit soviel Sorgfalt gefaltete Blatt zusammen und ging nach Hause. Im Treppenhaus habe ich meine Keds ausgezogen, die Schnürsenkel waren schwer mit aufgetautem Wasser.
Ich habe nie mit ihm gesprochen.

Heute ist der Tag der Verliebten.
Vergessen wir für einen kurzen Augenblick den Kommerz, die Ausbeutung, den gesellschaftlichen Zwang.
Sei es ein Tag für diejenigen, die den Mut gefasst haben - und dafür belohnt wurden.

And the Oscar goes to...

WGA*.

Und zwar dafür, dass die Autoren sich doch noch rechtzeitig mit den Film- und Fernsehstudios einigen konnten. Die Oscarverleihung ist gerettet!

Diese Veranstaltung gehört nämlich zu den festen Abläufen meines Lebens. In dieser Nacht habe ich mich früher stets mit einigen Freunden zusammengetan. Damals fand die Verleihung noch Ende März statt. Wir waren trunken vor Frühling und voller Pläne, wähnten uns talentierter als Katharine Hepburn und Meryl Streep zusammen geschmissen.

Manchmal veranstaltete ich ’ne Party. Wir kochten ein waschechtes „Wolfgang Puck Dreigängemenü“(nicht, dass jemand von uns kochen konnte), warfen uns in Schale, malten uns neue, verbesserte Gesichter an und sahen schönen Menschen beim Gewinnen zu.

Später bevölkerten bunt zusammen gewürfelte Teller mit müden Essensresten und halbleere Tassen alle vorhandenen Oberflächen in meinem kleinen Wohnzimmer. Man stieß gelegentlich einen Weinglas um, knabberte unbekümmert an einem aufgeweichten Salzcracker, die Augen auf den Bildschirm geheftet.

Wir lachten uns blöd über die Witze von Billy Crystal, jemand schrie „mach’s lauter, ich kann nicht hören, was die blöde Kuh da wimmert“.

Wir wetteten und wetterten, und beklatschten unsere Lieblinge. Der billige Sekt sprudelte unsere Kehlen herunter.

Manchmal verbrachten wir die ganze Nacht auf der Couch, stopften uns mit Chips und Gummibärchen voll, tranken Rotwein und hinterließen fettige Fingerabdrücke auf der zerkratzten Oberfläche des Beistelltisches. Hochmutig lästerten wir über die angeblich coolsten Menschen, die sich auf einmal vollkommen auflösten, wie eine fettige Schicht schlampig aufgelegten Make-ups in der kalifornischen Hitze.

Also - unsere Dankesreden gingen uns – (tadellos formuliert, versteht sich) – perlend von den Lippen, die fließenden Schleppen unserer Kleider hielten wir graziös in der linken Hand, während die rechte den schmalen, schweren, glänzenden Körper des goldenen Männchens fest umfing.

Wir senkten kurz den Blick und die Welt hielt den Atem an.

Jetzt sind viele meiner Freundinnen „married with children“ oder weit weg. Also werde ich die Sendung aufnehmen und die dann Montagabend in aller Ruhe genießen.

Ich liebe die geübte Aufrichtigkeit der Stars, die scheinbare Perfektion aller Abläufe, diese typisch amerikanische Großspurigkeit, wenn’s darum geht, sich der Welt zu präsentieren.

Aber vor allem liebe ich Kino: und “it was a very good year” dafür - wie der Ole Blue Eyes sagen würde.

PS. I’d be rooting for McAvoy, because he is so unbelievably hot. Unfortunately he didn’t make it to the last round this time.

Also hoffe ich, dass Daniel Day-Lewis gewinnt.


*WGA- Writers Guild of America.


Wednesday, February 13, 2008

"...Hüte dich vor falschen Lehrern"

Auf seiner Homepage steht, dass „Gustavo Naveira, Chicho, Pablo Inza und Sebastian Arce“ zu seinen Lehrern gehören. Was vermutlich übersetzt Folgendes heißt: er bekam mal ’ne Karte für TANGO PASIÓN geschenkt. Von Tangoleidenschaft gepackt, zog er sich „Tango lesson“ rein. Darauf folgte vermutlich ein Crashkurs in Sachen Tango ARGHHentino (fünf Workshops bei sechs namhaften Tanzpaaren) - et voilà, ein neuer Lehrer wurde geboren.
Seine Pirouetten gehen selten nahtlos ineinander. Häufig hält
er inmitten einer Figur inne, seine Stirn in Falten gelegt, während seine Füße unentschieden hin –und her schlabbern.
Sie
war letztes Jahr in Buenos Aires.
Ihre Röcke sind seitdem kürzer und der Ausschnitt tiefer
geworden, einen Zusammenhang mit der vorhergegangen Pilgerreise in die Mekka des Tangos habe ich da noch nicht erkennen können. Sonst hat sich nicht viel geändert, schon gar nichts an ihrem Tanzstil. Aber sie ist wählerischer geworden und fängt jeden zweiten Satz mit „Also, als ich in Argentinien war…“an.
Sie unterrichten combinaciones complejas, sostenidas und pisadas.
Könnte mir bitte jemand das Wörterbuch rüberreichen?

Tuesday, February 12, 2008

„…des Atems schwere Luft“

Wurde gestern von einem Mann aufgefordert, den ich seit langem beobachtete. Er tanzt nicht schlecht und ich habe mich immer darüber gewundert, dass seine Tandas meist relativ kurz ausfallen. Tja…jetzt weiß ich, warum.
Sein Mundgeruch war schier unerträglich. Im ersten Augenblick wusste ich nicht, was mir geschah. Es war so, als hätte ich in eine Jalapeño -Schote reingebissen: einen Sekundenbruchteil lang nimmt man die Schärfe nicht wahr und im nächsten Moment stehen seine Eingeweide im Flammen.
Ich musste die Übelkeit runterwürgen: mir war so, als hätte man mich in eine stickige Schwefelwolke eingetunkt. Zwei Takte in das Lied hinein bin ich tiefer in seine Arme gerutscht, damit ich an seinem Gesicht vorbei atmen konnte: von außen muss es nach einer sehr innigen Umarmung ausgesehen haben.
Nach zwei Tangos bedankte ich mich bei ihm und steuerte auf den Ausgang zu: ich musste dringend an die frische Luft.
Und er hat doch eine Freundin. Die Frau muss an einer chronischen Nasenverstopfung leiden.
Ja, ja, ich kenne alle Ausreden: Der Magen, die Zunge, die Mundhöhle.
Und ich sage nur: Halimeter, professionelle Zahnreinigung, dauerhafte Prophylaxe, Mundspülung. Und wenn alle Stricke reißen – wenigstens ein Kaugummi.
Ein einfacher Test: halten Sie die hohle Hand vor den Mund, hauchen Sie kurz hinein, heben Sie diese Hand dann blitzschnell zur Nase und riechen Sie daran. Wie Bruce Darnell sagen würde: „Das ist der Wahrheit“.
Und packen Sie immer ein Paar "Fisherman’s friend"s ein. Einfach für den Fall.

Friday, February 8, 2008

Auf der Arbeit


- Und was machst Du dieses Wochenende?
- (ich, zögerlich) Weiß nicht. Vielleicht gehe ich tanzen.
- Ach, echt? so richtig discomäßig?
- Nein, nicht wirklich. Tango argentino.
- Aha..(vorsichtig) Klingt exotisch. Ja, und wie tanzt Du denn so? Hast Du einen Tanzpartner?
- Eigentlich mehrere. Aber keinen festen.
- Das wäre auch was für mich (lacht). Aber mal im Ernst: lernt man dort auch nette Männer kennen?
- Ich weiß nicht. Schon. Manchmal. Aber ich bin nicht…Ich gehe da nicht hin, um jemanden kennenzulernen, weiß Du.
- Oh. Warum dann?

Monday, February 4, 2008

Von Paaren und Menschen

Seit Tagen regnet es hier Schnee und Eis und ich bin rastlos. In der Nacht liege ich wach und beobachte das Lichtgeflecht, das die Straßenlaternen auf die Schlafzimmerdecke werfen. Manchmal stehe ich auf, wandere durch die Wohnung, presse meine Stirn gegen das kühle Fensterglas, sehe dem Toben des Regens zu und habe das Gefühl, der Winterwind würde durch mich hindurch wehen.
Diesen Mittwoch machte ich früher Feierabend: ein Projekt, an dem ich seit Monaten rumgebastelt habe, ist endlich fertig geworden. Schon in der Mittagspause, als ich in der Kantine auf mein Essen wartete, trippelte ich diskret hin und her zu „Bailemos tango“, das aus meinem mp3player kam: ich wollte unbedingt tanzen.
Mittwochs gibt es eine Milonga bei mir in der Nähe. Dort wird es zuerst unterrichtet, dann gibt’s Praktika, später wird getanzt. Der Raum ist nicht groß, aber fein, mit dunklem Holzboden und hohen rauen Wänden. Die Musik vorwiegend klassisch, mit kleinen Nuevo-Tupfern. Ich mag den Besitzer: zwar ist er manchmal recht brummig und ich habe den starken Verdacht, dass er sich zuweilen in den Schlaf trinkt. Aber die leidenschaftliche Zärtlichkeit, mit der er über Tango spricht, macht ihn mir sympathisch.
Als ich die Treppe runter ging, erklang mir schon „Negracha“ entgegen, ich beschleunigte meine Schritte, zog den Beutel mit den Schuhen aus der Tasche, riss die Tür auf.... Mein Herz sank. Der Platz war fast leer, einige Leute saßen an hohen runden Tischen, auf der Tanzfläche übte das Gastlehrerpaar, das ich vorher nie gesehen habe, eine anscheinend komplizierte Figur: dem Mädchen (die werden immer jünger, diese Argentinier, die nach Europa kommen) wollte ein Sprung nicht gelingen. Es biss sich auf die Lippe, pustete sich die feuchte Locke aus der gekräuselten Stirn. Sein Partner sagte etwas auf Spanisch und schnitt eine kleine Grimasse. Das Mädchen lachte laut auf, schlug seinen Arm um den Hals des Mannes und sie tanzten ein Paar Takte in enger Umarmung. Ich streifte meinen Mantel ab, setzte meine Tasche ab und mich an den Tisch.
An dem ich die nächsten anderthalb Stunden alleine verbrachte. Die Tanzfläche füllte sich allmählich, aber es schien ein „Pärchenabend“ zu werden: Menschen kamen und blieben zusammen. Ich blieb sitzen, lauschte der Musik, holte mir einen Glass Wein, wechselte einige Wörter mit der Frau, die hinter der Theke stand. Einige Tangueros lächelten mich an, wir grüßten uns, dann gingen sie wieder, ohne mich aufgefordert zu haben.
Irgendwann mal kam eine Gruppe herein: ich erblickte einige mir bekannte Gesichter aus der hiesigen Szene und meine Stimmung besserte sich ein wenig. Ein Tänzer, mit dem ich bereits mehrmals getanzt habe, war auch da. Ich halte ihn für einen der Besten hier: seine Umarmung ist göttlich, und alles was er auf der Tanzfläche macht, ist von einer sicheren, mühelosen Musikalität durchdrungen. An dem Abend war seine Freundin dabei. Sie sind schon lange zusammen, und wir alle kennen uns bereits seit einer Weile– so wie man sich eben zu kennen glaubt: man grüßt sich, lästert scherzhaft über das Wetter - und über die anderen, tauscht sich über Schuhe und Festivals aus. Keine Freundschaft, aber ein friedliches Beieinander. Wenn er alleine unterwegs ist, flirtet er ein wenig mit mir, erzählt über seinen Job oder die letzte Reise nach BA. Manchmal - nachdem die Musik verklungen ist, hält er mich etwas länger und eine Spur fester, dann spüre ich, wie sein Herz schlägt. Aber er lässt mich immer los, und sein Gesichtsausdruck verrät nichts.
Ich beobachtete sie ein wenig – sie lachten, warfen ihre Mäntel zu einem Haufen zusammen, redeten aufgeregt, Frauen zupften die Falten ihrer Röcke zurecht. Einige Male sah der Mann in meine Richtung, aber ich konnte seinen Blick nicht deuten.
Ich bin nicht besonders schüchtern. Ich weiß, was ich kann. Dennoch finde ich es immer noch schwierig, einen Mann zum Tanzen aufzufordern. „El cabeceo“ ist hier zulande noch lange nicht selbstverständlich und wenn man als Frau die Tanzfläche überqueren und auf eine Gruppe zugehen muss ... kommt man nicht umhin, sich wie auf einem Präsentierteller zu fühlen. Aber es wurde langsam spät und ich habe immer noch kein einziges Mal getanzt: also bin ich aufgestanden und rübergegangen.
Der Mann blickte mich an und sagte ruhig: „Nein“. Nicht „Heute nicht“ oder „Vielleicht später“. Kein Wort mehr, geschweige denn Erklärung, nicht mal ein kleines Lächeln. Seine Freundin hat mich nicht einmal angesehen, sondern plauderte weiter mit ihrer Nachbarin, die mich amüsiert anguckte. Ich drehte mich um und ging zurück zu meinem Tisch. Mein Gesicht brannte wie nach einem Tag in der Sonne. Ich dachte hektisch nach - habe ich mir was zu Schulden kommen lassen? War ich?.. Hatte ich?.. konnte ich?.. Aber nein, nicht doch. Lag es daran, dass seine Freundin dabei war? Keine Ahnung. Ich wollte nichts wie weg, konnte aber nicht sofort gehen, schließlich wollte ich mein Gesicht wahren. Also blieb ich an meinem Tisch hocken, das halbleere Glas Wasser in der Hand.
- „quieres bailar?“ Der junge Argentinier von vorhin stand vor mir und lächelte. Ich sah ihn überrascht an: wir kannten uns nicht, er hat mich noch nie tanzen gesehen... Mein erster Gedanke war, ihm zu danken und abzulehnen, aber mein Körper hat schon die Entscheidung für mich übernommen. Ich ließ den Schal von meinen Schultern und mich in seine Arme gleiten. Am Anfang war es nicht besonders gut. Ich konnte mich nicht konzentrieren, war nervös und konnte den Boden kaum spüren. Aber nach und nach ließ die Aufregung nach und ich merkte endlich, wie gut er war, wir vorsichtig er mich durch den Tanz und aus meiner Enttäuschung hinaus führte. Wir hatten noch ein Paar schöne, ausgelassene Milongas, bevor er mich zurück zu meinem Platz brachte. Dann bedankte er sich bei mir, sagte heiter „espero verte pronto“ und ich konnte ihm kaum in die Augen sehen aus lauter Angst, ich würde in Tränen ausbrechen.
Ich ging gleich danach. Auf dem Weg hinaus blickte ich mich noch mal um: das argentinische Paar war wieder auf der Tanzfläche, das Mädchen hob die Hand zur Verabschiedung. Ich lächelte zurück, bevor ich die Tür hinter mir zuzog.
Tango ist ein einsamer Tanz. Man pflegt Kontakte, schließt unverbindliche Freundschaften, gibt seinen Partner einen flüchtigen Wangenkuss am Ende einer Tanda, alles soooo gesellig und zivilisiert. Aber der Schein trügt, trügt, trügt. Ich weiß nicht, ob es an unserer verkümmerten Fähigkeit, das Zwischenmenschliche zu schätzen liegt. Vielleicht ist aber das Gegenteil der Fall: wir interpretieren alles tot, zerlegen jeden Gedanken und jede Bewegung bis ins kleinste Detail, bis wir halbparalysiert in der Ecke liegen, unsere Seelen steif vor intellektueller Anstrengung. Was weiß ich schon darüber? Nur das eine: menschlich zu sein ist nicht kompliziert. Aber um es zu begreifen, brauchen viele ihr ganzes Leben.